IDEAL Magazin *Sonya Kraus*
Die Glücksritterin
Das Lebensmotto von Sonya Kraus sprang ihr direkt von einer Klotür ins Gesicht: „Wenn das Leben dir eine Zitrone gibt, frag nach Salz und Tequila“. Schon in ihrer frühesten Kindheit hielt das Leben einige Zitronen für sie bereit. Ihr kleiner Bruder starb als sie sechs Jahre alt war und ihr Vater begann Selbstmord da war Sonya gerade einmal elf.
Konzentriert man sich auf die Frau hinter der Mattscheibe entdeckt man eine mehrfache Bestsellerautorin, die neben ihrem Traumjob als Moderatorin ebenfalls Hauptrollen am englischsprachigen Theater besetzt. Lassen Sie sich überraschen von der Frau, die schon mit fünfzehn als internationales Model jobbte, dann beim Glücksrad landete und zu einer der bekanntesten Moderatorinnen Deutschlands wurde.
Bei dem Buchtitel „Wenn das Leben dir eine Zitrone gibt, frag nach Salz und Tequila“ könnte man vermuten, dass du gerne Tequila trinkst.
(lacht) Leider nein, Tequila mag ich überhaupt nicht. Aber ich finde das Lebensmotto einfach total passend, da es tiefsinnig und optimistisch ist aber trotzdem etwas beschwipst daherkommt. Es ist nicht so „gewollt“ nachdenklich und philosophisch und beinhaltet trotzdem ganz viel Wahres.
Du bist zweifache Mutter und arbeitest trotzdem als Moderatorin, Autorin und Schauspielerin. In deinem Buch „Baustelle Baby“ steht die erschreckende Zahl, dass nur 14% der Mütter nach der Geburt in ihren Beruf zurückkehren. Wie schaffst du das alles?
Ganz ehrlich? Also wenn man noch kein Kind hat, dann kann man sich einfach nicht vorstellen, wie stark das eigene Kind das Leben in schönster und schrecklichster Weise komplett umkrempeln kann. Seitdem ich zur Liga der bekloppten Eltern gehöre, musste ich feststellen, dass dies das Ende des Egoismus und jeder Planbarkeit ist. Außerdem macht es total Spaß sich um die eigenen Kinder zu kümmern!
Ich kann alle Mütter absolut verstehen, die nach der Geburt nicht zurück in ihren Beruf möchten. Auf der anderen Seite würde mir die Wickelkommode auf den Kopf fallen, wenn ich nicht arbeiten würde. Oftmals bin ich sehr dankbar, dass ich berufsbedingt ab und zu Pause habe vom kindischen Wahnsinn. Das hängt aber sicherlich auch mit meinem Job zusammen. Wenn ich acht Stunden an der Kasse sitzen müsste, dann würde ich mir auch zweimal überlegen, ob ich nach der Geburt wieder in den Beruf zurückkehre oder nicht doch lieber weiterhin zum Babyschwimmen gehe.
Ist das ein deutsches Problem?
Ja, auf jeden Fall. Ich habe eine Freundin, meine Co-Autorin Stella Bongertz, die lebt in Skandinavien und die haben viel mehr Möglichkeiten für die Kinderbetreuung. Dort ist die Gleichberechtigung bezüglich Mann und Frau einfach weiter fortgeschritten.
Sind Männer und Frauen gleich stark?
(lacht) Was für ein Frage – natürlich nicht! Physisch gesehen vielleicht, aber geistig wohl eher nicht.
Deine neue Sendung heißt „life & harmony“ und läuft sehr erfolgreich auf Yahoo. Worum geht es da?
Das ist ein wöchentliches Lifestyle-Magazin mit Tipps rund um die Themen Beauty, Partnerschaft und Gesundheit. Wirklich wunderbar an dieser Webshow ist, dass ich die Experten alles fragen kann, was ich oder der Zuschauer schon immer einmal wissen wollten. Das ist wirklich unterhaltsam, trotzdem informativ und es macht total Spaß.
Planst du dein Leben mehr oder bist du eher der spontane Typ?
Ich habe einmal gesagt, ich bin wie eine Seerose und irgendwie stimmt das auch. Die lassen sich zwar scheinbar frei auf dem Wasser treiben, aber sind mit dem Boden fest verwurzelt. Auf der einen Seite bin ich die wilde Hilde, die man aus dem Fernsehen kennt und auf der anderen Seite führe ich gerne ein geordnetes Leben mit meinem Freund, meinen Kindern und den Hunden. Ich glaube, ich weiß nur eins und das ist, dass das Leben nicht planbar ist.
Deine Bücher „Baustelle Mann“ und „Baustelle Body“ sind Bestseller. Außerdem hast du bereits eine Hauptrolle im englischsprachigen Theater gespielt. Du überraschst die Zuschauer und auch die Leser immer wieder aufs Neue.
(lacht) Ja, ich mich auch! Ich war als Kind auf einer bilingualen Schule und meine erste Fremdsprache war Französisch. In Englisch war ich überhaupt nicht gut! Als ich dann später als internationales Model gearbeitet habe, war ich so genervt von meinem schlechten Englisch, dass ich mir durch autodidaktisches Lesen von englischen Büchern alles selbst beigebracht habe.
Zum englischen Theater kam ich, als ich „talk talk talk“ moderierte und der Intendant vom englischen Theater bemerkte, dass ich auch sehr gut Englisch spreche. Er hat mich zum Casting eingeladen und zuerst dachte ich, dass ist doch ein Fall für die versteckte Kamera. Ich bin die ganze Zeit davon ausgegangen, dass jetzt gleich einer hinter dem Vorhang hervor schießt. Zum Schluss stellte sich daran heraus, dass es keine versteckte Kamera gab und ich bekam eine der zwei Hauptrollen.
Du recherchierst die journalistischen Fakten deiner Bücher meistens in Eigenregie. Was hat dich am meisten überrascht?
Also richtig überrascht hat mich die Recherche zu dem Buch „Wenn das Leben dir eine Zitrone gibt, frag nach Salz und Tequila“. Die University of Nashville hat z.B. herausgefunden, dass auch bei einem künstlichen bzw. falschen Lächeln Glückshormone freigesetzt werden. Das Phänomen nennt sich Facial Feedback und erklärt auch, warum Lachyoga tatsächlich funktioniert – auch wenn man im ersten Moment vielleicht denkt, dass die Teilnehmer etwas verrückt sind. (lacht herzlich) Ich liebe wissenschaftliche Studien und ich hätte mir früher nie vorstellen können, dass Statistiken so spannend sind!
Recherchierst du wirklich alles selber?
(lacht) Ok, ich gebe es zu, ich habe kleine Helferchen wie meine Co-Autorin Stella und meine Mutter. Meine Mutter liest ununterbrochen und stapelt bei mir zu Hause alle Zeitschriften, die sie interessant findet und streicht mir die Themen mit einem Marker an. Wenn ich dann Zeit habe, blättere ich die Zeitschriften durch und freue mich über den neuen Input. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an meine Mama und an Stella!
Wann kommt denn ein neues Buch von dir?
Jetzt, am 15. März 2014! Es heißt „Törtchenzeit: All you need is sweet“. Einige werden jetzt vielleicht denken: „Ach herrje, jetzt macht sie auch noch ein Backbuch!“, aber dazu kann ich nur sagen: Kochen ist ein Muss und Backen ist Genuss! Ich hasse Kochen, aber Backen ist mein Yoga.
Wie wichtig ist dir Quality-Time?
(überlegt) Mh, also Quality-Time ist für mich der größte Luxus, den wir Menschen haben. Ich sehne mich manchmal wirklich nach Langeweile. Ich wüsste nicht, wann ich mich das letzte Mal bewusst gelangweilt habe.
Hast du eine Rezept zum glücklich sein?
Ach tausende! Genau deshalb habe ich das Zitronen-Buch geschrieben. Ich glaube, dass man sich bewusst dazu entschließen muss glücklich sein zu wollen, anders geht es nicht. Alle Abgründe, die jeder von uns mit sich herumträgt, sollte man versuchen zu umschiffen. Ich persönlich finde zum Beispiel, dass Hermann Hesse ein großartiger Schriftsteller ist, aber ich habe trotzdem aufgehört ihn zu lesen, weil er mich depressiv gemacht hat.
Ein Journalist hat dich einmal gefragt, ob du auch nachdenklich sein könntest und nicht nur fröhlich. Hat dich das verärgert?
Ja, sehr sogar! Die Frage impliziert ja schon, dass man als fröhlicher Mensch nie nachdenklich sein kann. Was ist das denn für ein Quatsch? Meine gute Laune ist ein Resultat tiefster Nachdenklichkeit. Durch den Kindstod meines Bruders und durch den Suizid meines Vaters habe ich gelernt, dass das Leben sehr kurz sein kann. Man sollte trotzdem versuchen auch aus den schlimmsten Momenten im Leben etwas Positives zu schöpfen.
Was bedeutet Tod und Trauer für dich?
Der Tod ist unausweichlich und ich denke viel darüber nach, wie es meinen Liebsten gehen wird, wenn ich irgendwann nicht mehr da bin. Ich möchte, dass meine Angehörigen möglichst wenig unter meinem Tod leiden und dass mich die Menschen in guter Erinnerung behalten. In meiner Vorstellung heben die Leute das Glas auf mich und man denkt an die schöne gemeinsame Zeit. Das mag jetzt für einige vielleicht pietätlos klingen, aber es ist doch ganz klar, dass irgendwann für jeden dieser Moment eintreten wird. Viele Menschen scheuen sich davor, überhaupt über den Tod nachzudenken, dabei ist das total wichtig.
Aber ist es wirklich pietätlos auf den Verstorben anzustoßen?
Nein, natürlich nicht, aber bei uns in Deutschland findet der Tod an sich in der Gesellschaft sehr wenig statt, das ist in anderen Ländern wie Mexiko zum Beispiel anders. Fakt ist doch, es bringt ja nix den Verstorbenen zu beweinen. Natürlich muss jeder seinen eigenen Weg finden mit der Trauer umzugehen und es darf auch jeder weinen, aber ich (lacht herzlich) habe es sogar testamentarisch festgehalten, dass ich bitte im billigsten Sarg beerdigt werden möchte und alle funktionierenden Organe entnommen werden zur Weiterverwertung. Ich persönlich glaube auch nicht daran, dass man für die Trauer unbedingt ein Grab braucht.
Glaubst du nicht, dass man eine Trauerstätte braucht?
Doch, aber das muss für mich nicht das übliche Grab sein. Für mich war es als Kind immer ein Schreckensszenario, wenn meine Mutter gesagt hat, dass sie zu den Gräbern fahren muss. Das hieß dann immer, dass wir in drei verschiedene Städte fuhren, um die Gräber zu pflegen. Eine Trauerstätte ist sicherlich etwas Schönes, aber es soll sich keiner Gedanken machen müssen über das Unkraut, das auf meiner Ruhestätte wächst. Mir wäre es lieber, man würde einen Baum für mich pflanzen und dabei an mich denken. (lacht) Oder sie stellen meine Urne auf den Kamin wie bei „Meet the Fockers“, mir ist es total wurscht.
Wie könnte man mit dem Thema Tod besser umgehen?
Uff, das kann ich nicht entscheiden. Was ich mir aber definitiv wünschen würde, ist, dass all diejenigen, die eine Organspende in Anspruch nehmen würden auch einen Organspende-Ausweis bei sich tragen sollten. Gut finden würde ich auch, wenn es endlich via Gesetz entschieden werden würde, dass man automatisch ein Organspender ist außer man möchte das nicht und legt Wiederspruch ein.
Verpasst man vielleicht sogar eine Chance, wenn man nie über den Tod nachdenkt?
Ja, auf jeden Fall. Wenn man sich nie damit beschäftigt hat, dass das Halli-Galli-Leben vielleicht auch irgendwann zu Ende ist, dann verschiebt man die schönsten Wünsche vielleicht viel zu lange. Wenn dir bewusst ist, dass deine Zeit auf Erden begrenzt ist, dann nutzt du diese Zeit ganz anders.
Gibt es eine traurige Situation, die du trotz der Trauer nicht missen möchtest?
Natürlich möchte ich die schrecklichen Momente mit meinem Bruder und meinem Vater am liebsten ausradieren. Aber ich erinnere mich zum Beispiel gerne an meine Oma zurück. Meine Oma war dement und zeitweise in einem Pflegeheim. Meine Mutter entschied sich dann dafür meine Oma zu uns nach Hause zu holen, wovor ich immer noch meinen Hut ziehe. Sie ist bei uns zu Hause gestorben und ich glaube, dass das für uns alle ein wichtiger Moment war.
Was magst du an Menschen?
Ich mag Selbstironie, eine gewisse Leichtigkeit, Wärme, Lebenslust und Loyalität.
Was magst du nicht?
(lacht) Ich beschäftige mich nie mit Dingen, die ich nicht mag.
Sonya Kraus sucht das Glück im ganz Alltäglichen. Sie liebt heiße Badewannen und ist gerne ein One-Day-Hero. „Manchmal reicht schon ein Lächeln, um jemand anderen glücklich zu machen oder die Dankbarkeit einer Omi, wenn man ihre Einkaufstüten nach Hause trägt. Das klingt zwar ziemlich schwulstig, ist aber trotzdem wahr.“
Die ganze Story auch im IDEAL! Magazin auf Seite 6!