Die Ritze

Es war einmal … ein geheimer Ort … eine heilige Halle … bei der ich genau wusste, wessen Luft ich einatme, sollte ich sie jemals betreten …

Es war einer dieser großen Träume: DORT einmal trainieren zu dürfen – die Erfüllung meines Sportlerherzens!

Aber sogar meine große Klappe hat sich nicht getraut „einfach mal nachzufragen“, wo ich doch sonst als „Macherfrau“ immer jeden Gedanken sofort in die Tat umsetze.

Mein großes Glück erwischte mich an einem Mittwochvormittag. Meine RTL-Produktionsfirma brachte mich wegen einer Folge in das heilige Kellerloch.

Ich kam – und ich siegte! Denn von dem Zeitpunkt an war ich stolze Sportlerin der RITZE!

Wenn man als Sportlerin ernsthaft daran interessiert ist zu trainieren, dann läuft das so:

Die kleine blonde drahtige Frau Engel ist der Kontakt zur Außenwelt und kümmert sich um den Laden. Wie ein kleines Mädchen mit großen Kulleraugen stand ich nach der Fernsehproduktion vor ihr und fragte sie:

„Frau Engel…ich weiß, dass ist bestimmt eine utopisch bescheuerte Frage, aber dürfte ich als nicht BoxerIN in der Ritze mal ein Probetraining machen?“

 „Ja klar, komm einfach vorbei und frag den Trainer Peter mal. Der wird dir dann schon sagen, ob du kannst oder nicht.“, antwortete Frau Engel mit dunkler trockener Stimme.

Tschaka – siehe da – die Frau ist wirklich ein Engel!

Sofort um 16 Uhr machte ich mich erneut auf den Weg zur heiligen Halle, denn Peter und seine Jungs sind immer nachmittags da!

Ich betrat die gespreizten Beine mit Bedacht und war gefühlstechnisch an einem Höhepunkt angekommen, auch wenn ich zu dieser  Zeit noch nicht im Ring stand. So da war er nun, der altbekannte Ausschanktresen und seine Tresenfee inklusive kleinem Chiwawa … aber Vorsicht: vor dem Streicheln fragen! Bissig!

Mein Herz sprang im Achteck -> Ritze = gespreizte Beine + kleiner süßer Hund -> EINFACH TOLL!

Jetzt trennte mich nur noch die kleine enge Treppe runter in den Keller zu meinem neuen Trainer.

An den Moment, wie ich diese Tür geöffnet habe, wie die Jungs mich angeguckt haben oder was ich eigentlich gedacht habe erinnere ich mich nicht. Ich weiß nur noch, dass alle sehr freundlich waren und hörte noch Worte wie: „Du bist Moderatorin – das ist ja toll, der von Sat1 hat auch mal hier trainiert und Ben Becker auch. Wir sehen und dann morgen, ok?“

Ich merkte richtig, wie mir das Herz in die Hose rutschte. Wie morgen? Ich bin hier die Nägel-mit-Köpfen-Frau und morgen kann ich gar nicht! Hallo? Spinnt ihr? …und dann hörte ich mich sagen: „Ok, bis morgen.“

Das Training läuft dann in etwa so ab:

Du wirst von Peter ins krasseste Personal-Boxtraining gepeitscht, das ich je erlebt habe.

1. Eine Stunde Aufwärmen mit: Rad fahren, Seilspringen, Schattenboxen, Übungen auf Zeit etc.
2. Danach 12 Runden im Ring (je nachdem wie viele andere Sportler auch da sind)
3. Die krönende Abschlussstunde besteht aus: Boxen am Sandsack, diversen Schnelligkeitsübungen mit Medizinbällen um die 6 Kilo (ok, ok, ich durfte den mit 3 Kilo nehmen, weil ich eine Sissi bin!), unterschiedlichen Bauchmuskelübungen, Training für den Rücken usw.

Bis du zu dem Punkt kommst, wo du Peter sagen hörst: „Komm schon, das schaffst du. Was ist denn los? Jetzt mach! Hast du wieder zu viel gefeiert und Alkohol getrunken oder was ist los?“

…und wenn ihr Glück habt, dann kommt Olivia Jones mit ihrer Touri-Gruppe zur Schlossbesichtigung vorbei. Die große Stahltür öffnet sich und das Bild sieht so aus: der Boxtrainer sitzt auf dir, um dir für die letzten Bauchübungen den nötigen Halt zu geben, damit du nicht kurz vor der Zielgeraden K.O. gehst….Olivia Jones und deine Blicke treffen sich…sie lächelt und sagt: „Ach hörl mal, das sieht ja toll aus. Also das würde ich jetzt auch gerne machen.“